Fachartikel: Vom digitalisierten Krankenhaus profitieren alle

Patienten, Personal und Manager – vom digitalisierten Krankenhaus profitieren alle

Lesedauer: 7 Minuten | 699 Wörter | Autor: Thomas Ulrich

Digitalisierung des Gesundheitswesens – in der medialen Darstellung ist das gleichbedeutend mit künstlicher Intelligenz, Sensorik, Augmented Reality oder Robotik. Diese Begriffe haben allerdings (noch) wenig mit der Realität zu tun. Zudem stehen sie synonym für die Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Durch sinnvolle Digitalisierung hätten in Deutschland laut McKinsey im Jahr 2018 34 Millionen Euro eingespart und reinvestiert werden können. Zudem würde ein stärker digitalisiertes Gesundheitssystem Stress beim Personal reduzieren und das Wohlbefinden von Patienten steigern.

Der Mensch im Mittelpunkt

Im Zentrum aller Digitalisierungsbestrebungen stehen weder Effizienz noch Effektivität. Im Mittelpunkt steht der Mensch: Patienten, Pfleger und Ärzte. Es geht darüber hinaus auch nicht darum, dem Personal »Zeit zu sparen«. Zeit kann niemand sparen. Zeit vergeht immer gleich schnell. Digitalisierung kann aber helfen, Zeit besser zu investieren: Statt durch manuelle Arbeitsschritte einen Teil der Arbeitszeit in administrativen Aufgaben zu verbringen, kann die Digitalisierung genutzt werden, um Zeit in das zu investieren, was das Gesundheitswesen leisten kann: Leben retten.

Ohne innovatives Geschäftsmodell keine Digitalisierung

Dennoch sind Krankenhäuser nach wie vor einem Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Sie müssen – wie jedes Unternehmen – investieren und Innovationen einführen, sonst sind sie nicht mehr zukunftsfähig. Wie groß dieser Druck ist, zeigt das Beispiel Amazon. So schildert Erik Bodendieck, Präsident der Ärztekammer Sachsen und Telematikbeauftragter der Bundesärztekammer (BÄK), dass der Konzern Krankenhäuser und Arztpraxen beliefere, inzwischen eine Krankenkasse mitgegründet habe, eine Internetapotheke gekauft und eigene Versorgungsnetze schaffe. Das zeigt: Die Investitionsmöglichkeiten von Tech-Unternehmen wie Amazon und Google sind ungleich größer und auch schneller.

»Derzeit wird der zweite Gesundheitssektor okkupiert und ausgebaut«, sagte Bodendieck dem Ärzteblatt. Das heißt, die Zeit wird knapp. Das soll nicht bedeuten, dass Pflegerinnen und Pfleger fortan wie Elon Musk und Jeff Bezos denken sollen. Denn Digitalisierung sollte auch das Ziel haben, das Vertrauen zwischen Arzt und Patienten zu stärken, statt den gläsernen Patienten zu erschaffen. Der Vergleich mit Amazon und Google impliziert aber die Frage, ob Krankenhäuser konsequent genug darüber nachdenken, neue Geschäftsmodelle mithilfe digitaler Lösungen zu entwickeln. Oder ob sie sich von etablierten Tech-Playern aus anderen Branchen abhängen lassen.

Zeit kann man nicht sparen, Kosten schon

Aber auch andere Bereiche erfordern Investitionen. So verfügen viele Häuser über eine veraltete IT-Infrastruktur, die dringend modernisiert werden muss. Dies haben die meisten Krankenhäuser auch bereits erkannt. Nach einer Studie von Roland Berger haben knapp 90 Prozent der befragten Häuser eine Digitalisierungsstrategie entwickelt, um ihre Wirtschaftlichkeit zu steigern. Das sehen auch die für die Roland Berger Krankenhausstudie befragten Manager so: Sie nennen die Digitalisierung unter den wichtigsten drei Trends, die für ihre Häuser relevant sind.

Denn die weitestgehend manuellen Prozesse in den Krankenhäusern und Kliniken führen zu hohen Mehrkosten und Belastung der Mitarbeiter. Mithilfe von digitalen Lösungen im Gesundheitswesen können Einsparungen und damit auch Reinvestitionen von bis zu 34 Millionen Euro realisiert werden. Das waren rund zwölf Prozent der veranschlagten Gesamtausgaben von 290 Milliarden Euro im Jahr 2018. Das Einsparpotenzial hätte sich sich durch folgende Maßnahmen erreichen lassen:

  • durch papierlose Daten 9 Mrd. Euro
  • durch Möglichkeiten der Online-Interaktion 8,9 Mrd. Euro
  • durch die Automatisierung von Arbeitsabläufen 6,1 Mrd. Euro
  • durch Entscheidungs-Unterstützungen 5,6 Mrd. Euro
  • durch Patientenselbstbehandlungs-Lösungen 3,8 Mrd. Euro

17 Vorteile, weswegen Patienten, Personal und Manager von der Digitalisierung profitieren

Der Einsatz digitaler Technologien im Versorgungsprozess zielt darauf ab, die Versorgungsqualität und Innovationskraft zu steigern. In die IT-Systeme eingebundene klinische Systeme zur Entscheidungsunterstützung sind nur ein Beispiel dafür, wie digitale IKT an vielen Stellen im Versorgungsprozess positiv die Versorgungsqualität beeinflussen kann. Sie ermöglichen Ärzten zum Beispiel eine schnellere und sicherere Diagnosestellung und die Auswahl sinnvoller Therapieansätze sowie die Vermeidung von Fehlern u.a. bei der Medikation.

Im Folgenden listen wir 17 weitere Gründe, weswegen Patienten, Personal und auch Manager von der Digitalisierung des Krankenhauses profitieren:

Patienten:

  • Weniger Untersuchungen
  • Verkürzte Wege und Wartezeiten
  • Größeres Wohlbefinden und höherer Komfort während der Behandlung erreichen
  • Vermindertes Risiko einer falschen Medikation aufgrund von unvollständigen Infos
  • Bessere Heilungschancen realisieren

Personal:

  • Stressbelastung reduzieren
  • Prozesse durch digitale Unterstützung vereinfachen, Entscheidungsfindung beschleunigen
  • Kommunikation optimieren
  • Arbeitsumfeld verbessern

Manager:

  • Neue Geschäftsfelder erschließen
  • Verbesserte Behandlungsergebnisse
  • Doppelbehandlungen vermeiden
  • Effizienter Ressourceneinsatz
  • Attraktivität als Arbeitgeber steigern
  • Verbesserte Kosten-Nutzen-Relation
  • Ansehen des Hauses steigern
  • Wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten
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